Manuel Jilg, Studienrat Gewerbeschule Offenburg

Manuel Jilg, Studienrat (offizielle Bezeichnung für einen Lehrer im höheren Dienst) an der Gewerbeschule Offenburg, beantwortet ein paar Fragen über das Berufsbild Lehramt an berufliche Schulen. Nach dem Abitur an einem allgemeinbildenden Gymnasium hat sich Manuel Jilg für den bei uns gemeinsam mit der PH Freiburg angebotenen Bachelor-Studiengang Wirtschaftsinformatik Plus, gefolgt vom Master Berufliche Bildung Informatik/Wirtschaft Plus, entschieden und beide erfolgreich abgeschlossen. Nach dem Referendariat an der Gewerbeschule Offenburg unterrichtet er dort schon seit etwa zwei Jahren.

Frage: Was hat Sie am Berufsbild Lehrer/Lehrerin gereizt?

Besonders gereizt hat mich an diesem Beruf, dass man in stetigem Kontakt zu jungen heranwachsenden Menschen steht und sie auf dem Weg der Bildung unterstützt.

Außerdem reizt mich die Herausforderung, komplexe Themen den Schülern so zu erklären, dass sie es verstehen.

Frage: Was können Sie uns über Ihr Studium sagen?

Für mich war es anfangs schwer, mich in dem Studiengang Wirtschaftsinformatik-Plus zu Recht zu finden, da ich in der Schulzeit sehr wenige Fachkenntnisse in diesem Bereich erlangt habe.

Doch ich habe mich seitens der Hochschule immer gut unterstützt gefühlt, sei es von den Professoren, den Tutoren oder Kommilitonen/innen.

Das tolle an dem Studium an der Hochschule Offenburg ist die Verzahnung von Theorie und Praxis, die einem für den weiteren Beruf, ob in der Lehre oder in der Industrie, weiterhilft.

Sicherlich gibt es auch Vorlesungen, Statistik als klassisches Beispiel, die einfach ein sehr hohes Niveau abverlangen - doch da muss man durch und das Nötige auch dafür tun. Diese Mühe wird sich lohnen... Grundsätzlich war für mich das Studium auch klar strukturiert, man hielt sich an die Vorlesungspläne und es sind auch kaum Vorlesungen ausgefallen. Das sieht heute mit Corona natürlich anders aus - aber man hat auch durch die Digitalisierung andere Möglichkeiten und kann mit recht einfachen Mitteln online lehren.

Außerdem passt sich die Hochschule dem dynamischen Bereich der Informatik an - im Vergleich zu meinem Wirtschaftsinformatik-Studium, das ich 2011 begonnen habe, gibt es beispielsweise neu strukturierte Module wie die Wirtschaftsinformatik. Oder, wie nun zu lesen ist, einen neuen Studiengang im Bereich der Künstlichen Intelligenz - ein Thema, was auch in den Schulen an Signifikanz gewinnt.

Außerdem hatte ich die Möglichkeit, mein Praxissemester an der Hochschule Offenburg zu absolvieren, im Bereich der Schulkooperationen. Ebenso hatte ich die Möglichkeit, als Tutor fürs Lernzentrum zu arbeiten. Diese praktischen Erfahrungen haben mir auch sehr für die berufliche Entscheidung geholfen.

Frage: Was begeistert/bewegt Sie heute als Lehrer?

Es ist toll zu sehen, wenn man die Schüler dazu begeistert, sich für einen Lerngegenstand zu motivieren.

Bestes Beispiel ist die Java-Programmierung. Was zu Beginn den Schülern noch nicht zugänglich und trivial erscheint, entwickelt sich schnell zu ihrem "Metier". Plötzlich können die Schüler nach ein paar wenigen Wochen eigene Anwendungen programmieren.

Eine Aussage eines Professors ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Unterricht ist "Idee".

Bedeutet, dass man in jedem Unterricht vor Herausforderungen steht, die man nicht immer voraussehen kann. Schüler sind z.B. lauter als gewohnt, weil sie eine Stunde zuvor eine Klassenarbeit geschrieben, oder weil der Unterricht zuvor ausgefallen ist. Oder die Technik streikt, weil z.B. das WLAN ausfällt. Schüler kommen plötzlich mit privaten Problemen auf einen zu... Egal was passiert, man muss instinktiv pädagogisch und didaktisch sinnvoll handeln. Dafür gibt es kein Rezept, es gelingt mal mehr und mal weniger gut - doch man bekommt im Laufe der Zeit eine gewisse Routine in der Entscheidungsfindung. In den ca. 2 Jahren, in denen ich unterrichte, habe ich schon sehr viele Erfahrungen gemacht und daraus meine Lehren gezogen.​​

Frage: Was war der Höhepunkte in Ihrer bisherigen Karriere, woran erinnern Sie sich gern zurück?

Klar blick ich gerne auf den Moment zurück, als man das Master-Zeugnis ausgehändigt bekommen hat - und darauf ist man auch stolz.

Noch mehr gefreut hat mich der erfolgreiche Abschluss des Referendariats. Das sind extrem fordernde 1.5 Jahre für angehende Lehrer, weil man besonders psychisch an seine Grenzen stoßen kann - eine andere Belastung als im Studium.

Sicherlich sind das die Höhepunkte meiner Karriere - doch das hat für mich nicht die Priorität. Entscheidend ist, dass der Beruf einem Spaß macht.

Jeden Tag verlasse ich mit einem guten Gefühl das Schulgebäude, zu wissen, jungen Menschen wieder etwas beigebracht zu haben. Und man freut sich dann schon auf einen neuen Unterrichtstag mit neuen Herausforderungen.​

Frage: Warum sollte man sich heute für ein Lehramtsstudium für berufliche Schulen entscheiden?

Eine sehr schwere und auch weitgreifende Frage, denn ich selber bin als Schüler im allgemeinbildenden System geschult worden. 

Jede Schulart hat seine Vor- und Nachteile, das Tolle an beruflichen Schulen ist die Spezialisierung.

Schüler erfahren nicht nur eine Weiterbildung in der Allgemeinbildung, sondern haben zusätzlich die Möglichkeit, sich in einem Fachgebiet weiter zu bilden - wie z.B. in der Informationstechnik auf dem Technischen Gymnasium.

So bringt einem das Studium eventuell mehr Inhalte, weil man dort auch gewisse Themenbereiche näher durchleuchtet.

Außerdem hat man es an beruflichen Schulen mit älteren Schülern zu tun - wenn man für sich selber das Gefühl hat, dass es einfacher ist, sich mit Erwachsenenbildung auseinanderzusetzen, sollte man sich für ein Lehramtsstudium für berufliche Schulen entscheiden.

Frage: Was sollte man für den Lehrerberuf mitbringen?

Sicherlich braucht man eine gewisse Fachkompetenz, entscheidender für mich ist aber die Sozialkompetenz.

Man muss in der Lage sein, vor einer Klasse zu stehen und den Unterricht so gestalten, sodass Lehren und Lernen in Einklang stehen. Ein Studium bietet dafür die Grundlagen, doch erst wenn man kontinuierlich unterrichtet, lernt man aus den Erfahrungen.

Man sollte binnendifferenziert unterrichten und dementsprechend in der Lage sein, geeignete Methoden hierfür zu nutzen - ohne sich aber zu sehr auf die besseren Schüler zu konzentrieren.

Man muss in der Lage sein, viele Entscheidungen zu treffen.

Frage: Was macht den Beruf, Lehrer/Lehrerin an einer beruflichen Schule, so wichtig für unsere Gesellschaft?

Die Aufgabe eines Lehrers ist klar formuliert: wir haben einen Bildungs- und Erziehungsauftrag.

Es ist wichtig für die Wirtschaft, Fachkräfte in allen möglichen Bereichen zu haben - in der Schule lernen die Schüler die Basis für ihren Beruf.

Außerdem werden Schüler sozialisiert - sie sollen lernen, einen fairen und respektvollen Umgang in unserer Gesellschaft zu wahren. Gerade in der heutigen Zeit mit der Corona-Krise wird dies immer auf die Probe gestellt.